Shinrin Yoku

Für fast alles gibt es heutzutage ein Modewort – und so gebe auch ich mich nun diesem Trend hin und genieße statt eines Waldspazierganges ein Waldbad, das in Japan „Shinrin Yoku“ genannt wird und dort eine anerkannte Therapieform darstellt, die sogar Teil der staatlichen Gesundheitsvorsorge ist.  Meine Kinder haben dies glatt etwas zu wörtlich genommen und sich kurzerhand in einer gatschigen, mit Regenwasser gefüllten Traktorspurrinne gesuhlt.

Aber vielleicht muss man es gar nicht so wörtlich nehmen, um zu verstehen, dass es doch einen kleinen, feinen Unterschied zwischen einem Waldspaziergang und einem Waldbad gibt. Wer mit dem Vorsatz eines Bades in den Wald spaziert, hat die Aufmerksamkeit meistens voll und ganz bei seiner Umgebung – die durch den weichen Boden gedämpften Schritte, wie weich sich diese anfühlen, das Zwitschern der Vögel, das Säuseln des Windes, die satten Farben und – der wohl wichtigste Punkt beim Waldbad – der würzige Geruch.

Wer ein Waldbad nimmt kommt nicht umhin tief einzuatmen und all die ätherischen Öle zu inhalieren. Die typischen Gerüche des Waldes wirken auf unsere Psyche entschleunigend; die Atmung vertieft sich automatisch und wird ruhiger. Dadurch wird der Parasympathikus aktiviert – der Gegenspieler unseres immer gestressten Sympathikus. Der Parasympathikus ist jener Teil des Nervensystems, der für Erholung und Regeneration verantwortlich ist. Es kommt zu einer Senkung des Blutdrucks und der Herzfrequenz. Durch die filternde Wirkung von Nadeln und Blättern enthält die Waldluft rund 90% weniger Stäube als die Stadtluft und bietet unserer Lunge dadurch eine kleine Auszeit.

Insbesondere die ätherischen Öle der Nadelbäume kennen viele aus der Erkältungszeit, da sie gerne als Hausmittel bei Atemwegserkrankungen eingesetzt werden. Zudem zeigen Untersuchungen aus Japan, dass die terpenhaltige Waldluft (Terpene sind die ätherischen Öle der Blätter, Nadeln und Borken, über die Bäume miteinander kommunizieren) unsere körpereigene Abwehr stärkt. Professor Qing Li zeigte in einer Studie, dass dieser Effekt sogar durch das Verströmen der häufigsten Terpene aus dem Wald in einem Hotelzimmer nachweisbar ist. Ein Aufenthalt von drei Tagen und zwei Nächten in terpenhaltiger Luft erhöht die Anzahl der natürlichen Killerzellen (welche nicht nur in der Krankheitsabwehr benötigt werden, sondern auch potentielle Tumorzellen bekämpfen) um etwa 50% für einen Zeitraum von sieben bis 30 Tagen. Beim tatsächlichen Waldbaden ist der Effekt deutlich intensiver, da er in Kombination mit bewusster Atmung, Bewegung und den weiteren Sinneseindrücken des Waldes gepaart wird. Da aber die wenigsten von uns regelmäßig ihr gesamtes Wochenende im Wald verbringen können sei erwähnt, dass bereits regelmäßige Waldspaziergänge von einer halben Stunde die Abwehrkräfte nachhaltig stärken.

So gestärkt machen wir uns auf den Rückweg. Meine kleinen Helden, die ja nicht nur im Wald, sondern auch im Gatsch gebadet haben, kommen mit kalten Füßen daheim an, weshalb ich sie umgehend in die warme Badewanne stecke. Als Badezusatz bietet sich eine Mischung aus Eukalyptus radiata (für Kinder besser verträglich), Teebaum- und Zierbelkieferöl an. Ich mische hierfür in einem kleinen Schraubglas etwas Schlagobers mit je zwei Tropfen ätherischem Öl, schüttle dies gut auf und gieße es dann ins warme Badewasser. Eukalyptus, Teebaum und Zierbelkiefer wirken stark antibakteriell, antiviral, entzündungshemmend und schleimlösend, die Zierbelkiefer hat zudem einen kräftigenden und stärkenden Effekt, also eine perfekte Mischung um Kraft zu tanken, wenn man spürt, dass sich eine Erkältung anbahnt. Bei kleinen Kindern ist im Umgang mit ätherischen Ölen immer Vorsicht geboten, da diese stark reizend auf die kleinen Atemwege wirken können, am besten wird hier im Vorfeld mit einer Aromafachkraft abgesprochen, welche Öle verwendet werden dürfen. Ansonsten tun sich die Öle übrigens auch im Aromadiffuser gut, vor allem wenn mal keine Zeit für einen Waldspaziergang bleibt – in diesem Fall kombiniere ich gerne drei Tropfen Orangenöl (dieses wirkt erwärmend und harmonisierend, außerdem verbreitet der Duft von Orange gute Laune) mit 2 Tropfen Kieferntannenöl (dies wirkt atemvertiefend, anregend und vor allem erfrischend bei Erschöpfungszuständen).

Und wer an der frischen Luft nicht genug Sonne tanken konnte holt sich diese einfach ins Herz mit einer wärmenden Kürbissuppe.